Es gibt Dinge, die sind so klischeebehaftet, dass man sie sich am liebsten verkneifen will, auch wenn man eigentlich Lust drauf hätte: Die Klamotten von Pretty Woman anziehen, 5-Liter-Eimer Eis bei Liebeskummer essen – oder eben eine Veränderung der Frisur, wenn ein neuer Lebensabschnitt ansteht (wie der 40. Geburtstag) oder etwas anderes neues beginnt (die Behandlung in einer Tagesklinik wegen Depression zum Beispiel). Auch wenn ich das Klischee einer Frau in der Lebenskrise oder in Aufbruchstimmung nicht bedienen will, geistert mir sein einiger Zeit der Gedanke im Kopf herum, mir dringend die Haare färben zu müssen. Weiterlesen

Ich hab die letzten Tage versucht, mich abzulenken, mein Kopfkino auszuknipsen und meiner Angst kein Futter zu geben – was mal mehr und mal weniger gut funktioniert hat. Ich hab den Tag abwechselnd herbeigesehnt und gehofft, dass die Zeit langsamer verläuft – genutzt hat es alles nichts. Heute war Tag 1 in der Tagesklinik und ich hab mich gefühlt wie am ersten Schultag. Weiterlesen

Ich mag Geburtstage schon in normalen Zeiten nicht. Das letzte Mal gefeiert hab ich mit Anfang 20, seitdem verbinde ich den Tag mit einer Art Hassliebe. Ich freu mich, wenn Leute mir gratulieren, will auch gerne „was schönes“ machen (sorry an meinen Freund, den diese Formulierung die Wände hochtreibt) und nehme mir frei, bin aber gleichzeitig sicher, dass alle Welt mich vergessen wird… Weiterlesen

Bei einer Leseempfehlung auf dem Blog einer an einer Depression erkrankten Person erwartet man vermutlich ein Selbsthilfe-Buch oder einen Erfahrungsbericht – aber kein glühendes Plädoyer für einen halbwüchsigen Zauberlehrling, der vor mehr als 2 Jahrzehnten einen weltweiten Hype auslöste. Aber genau das folgt hier. Als Harry Potter auf den Markt kam, hab ich mich dem ganzen Thema verweigert und ich hatte auch nie vor, die Bücher zu lesen oder die Filme zuschauen. Doch dann kam die Depression – und Harry Potter erwies sich aus mehreren Gründen als die perfekte Begleitlektüre. Weiterlesen

Mut ist ein Wort, was mir in den letzten Tagen immer wieder begegnet ist. Mein Chef findet es mutig, dass ich das Problem angehe und nicht einfach weitermache. Meine Freundin sagt, sie ist stolz auf mich, als ich ihr von der Tagesklinik erzähle, meine Therapeutin und meine Osteophatin, die beide in den letzten Monaten ganz nah dran waren, gratulieren mir, und meine Schwester schickt mir nach der Zusage Feier-Emojis. Fast wirkt es so, als hätte ich einen tollen Job ergattert, einen Sieg errungen oder sonst was geleistet.

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Jetzt geht wirklich kein Weg mehr dran vorbei. Ich hab den Tagesklinikplatz zugesagt, mich von meiner Therapeutin verabschiedet, meinem Chef gestanden, dass ich für eine Weile ausfalle – und jetzt muss ich nur noch die Wartezeit über stehen, bis es losgeht. Puh… Wie ich mich fühle? Irgendwo zwischen aufgeregt und beschissen. Ich will, dass es mir endlich wieder stabil besser geht und ich nicht ständig vor allem Angst hab. Aber ich hab auch Angst, dass die zaghaften Verbesserungen der letzten Wochen wieder zu Nichte gemacht werden. Naja, wer nicht wagt, der nicht gewinnt. Schlecht ist mir trotzdem.

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Schuld- und Schamgefühle gehören zu den typischen Symptomen einer Depression. Das mag im ersten Moment überraschen, weil es ja primär einem selbst schlecht geht, und das Umfeld quasi nur sekundär betroffen ist. Und trotzdem hab ich mich in den letzten Monaten meiner Familie gegenüber unfassbar schuldig gefühlt. Meinem Freund gegenüber, weil ich ausgerechnet in der Corona-Pandemie nicht mehr „meinen Teil“ zum Schutz der Familie beitragen konnte – tatsächlich war und ist mir Corona über weite Teile komplett egal, ich wollte nur nicht zusätzlich mit dem „Problem“ konfrontiert sein, dass einer von uns krank wird. Viel größer aber sind die Schuldgefühle die ich fühle, wenn ich mit meinem Kind zusammen bin. Weiterlesen