Grundsätzlich fühle ich mich in der Tagesklinik sehr wohl. Aber zweimal die Woche gibt es einen Termin, der mir – und den Mitpatientinnen – regelmässig den Puls hochtreibt: Die Visite. Immer dienstags und freitags müssen wir nacheinander vor versammelter Mannschaft antreten. Die Zusammensetzung ist immer etwas anders, aber in der Regel ist aus jedem der verschiedenen Personen-Gruppe, die sich in uns kümmern, zumindest einer anwesend. Das heisst, eine Pflegerin, ein oder mehrere Ärzte, ein oder zwei Psychologinnen, eine Sozialarbeiterin und ein oder mehrere Therapeuten aus den praktischen Bereichen (Musik, Drama, Körper). Sie alle sitzen im Kreis, ihnen gegenüber ein einsamer Stuhl für den Patienten.

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Das letzte Mal, dass ich Hausaufgaben aufhatte, ist mehr als die Hälfte meines Lebens her – genauer gesagt 21 Jahre. Aber hier in der Tagesklinik kriegen wir immer wieder kleinere oder größere Aufgaben gestellt, deren Erfüllung auch tatsächlich (nicht immer, aber in den meisten Fällen) abgefragt werden. Für meinen Freund wäre das sicher eine von vielen Regeln/Vorgaben, die er blöd fände, weil er sich wie ein Kind behandelt fühlen würde (er meint ohnehin, er hielte den Klinikalltag höchstens ein paar Tage durch). Aber er braucht ja auch keine Hilfe im Umgang mit einer Krankheit, die ihm alleine über den Kopf gewachsen ist.

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Jetzt bin ich schon zwei Wochen hier. Mittlerweile haben wir alle Therapeuten kennengelernt (bis auf die Kunsttherapeutin, die irgendwie länger im Urlaub ist).  Die Aufregung und auch Angst des Anfangs haben sich gelegt, aber auch die Euphorie, die neue Dinge oft für mich mitbringen. Mein Blick auf die ganze Angelegenheit ist also ruhiger und routinierter, zugleich werde ich etwas ungeduldig, weil mir bestimmte Themen einfach noch fehlen.

Der wichtigste Stützpfeiler der Therapie hier sind die Gruppen und die Zeit dazwischen, die wir zusammen verbringen. Je nach „Unterrichtseinheit“ finde ich die Themen sehr interessant und man lernt ne Menge über die Krankheit. Und man kann auch seine eigenen Themen in der Gruppe einbringen, aber irgendwie bleibt das immer in der oberen Schicht und geht – zumindest in meinem Gefühl – nicht weiter.

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Zack, ist die erste Woche vorbei und man weiß gar nicht so genau, wie das so schnell passieren konnte…

Eigentlich wollte ich ein kleines launiges Resümee der ersten 7 Tage ziehen, aber irgendwie bin ich heute von allem genervt, ohne genau benennen zu können, was es eigentlich ist. Deshalb folgt jetzt einfach eine kurze Aufzählung der Dinge, die ich in den letzten Tagen gelernt hab…ohne Anspruch auf Vollständigkeit natürlich…

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Monatelang hab ich gekämpft – damit auf der Arbeit bloß nur niemand merkt, wie es mir geht. Ich war keinen Tag krankgeschrieben, weil ich mir sicher war, es dann nicht mehr zu schaffen, wenn ich einmal loslasse. Ich habe am Telefon gescherzt, alle Aufgaben erfüllt, geben die Müdigkeit und die Übelkeit angekämpft und hatte trotzdem jeden Freitag Angst, dass ich es in der darauffolgenden Woche nicht mehr schaffe, dienstags wieder hinter dem Rechner zu sitzen, weil die Kraft nicht mehr reicht.

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Die ersten „echte“ Woche – also von Montag bis Freitag – hat begonnen. Merkwürdigerweise fühlt es sich an, als wären wir schon viel länger hier, als nur die zwei Tage letzte Woche. Die Mitpatientinnen fühlen sich vertraut an, die Abläufe sind klarer, im Verhältnis zu den drei neuen Patienten der anderen Gruppe sind wir alte Hasen – zumindest wissen wir, wann das Mittagessen serviert wird. Weiterlesen

Ich hab die letzten Tage versucht, mich abzulenken, mein Kopfkino auszuknipsen und meiner Angst kein Futter zu geben – was mal mehr und mal weniger gut funktioniert hat. Ich hab den Tag abwechselnd herbeigesehnt und gehofft, dass die Zeit langsamer verläuft – genutzt hat es alles nichts. Heute war Tag 1 in der Tagesklinik und ich hab mich gefühlt wie am ersten Schultag. Weiterlesen

Mut ist ein Wort, was mir in den letzten Tagen immer wieder begegnet ist. Mein Chef findet es mutig, dass ich das Problem angehe und nicht einfach weitermache. Meine Freundin sagt, sie ist stolz auf mich, als ich ihr von der Tagesklinik erzähle, meine Therapeutin und meine Osteophatin, die beide in den letzten Monaten ganz nah dran waren, gratulieren mir, und meine Schwester schickt mir nach der Zusage Feier-Emojis. Fast wirkt es so, als hätte ich einen tollen Job ergattert, einen Sieg errungen oder sonst was geleistet.

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Jetzt geht wirklich kein Weg mehr dran vorbei. Ich hab den Tagesklinikplatz zugesagt, mich von meiner Therapeutin verabschiedet, meinem Chef gestanden, dass ich für eine Weile ausfalle – und jetzt muss ich nur noch die Wartezeit über stehen, bis es losgeht. Puh… Wie ich mich fühle? Irgendwo zwischen aufgeregt und beschissen. Ich will, dass es mir endlich wieder stabil besser geht und ich nicht ständig vor allem Angst hab. Aber ich hab auch Angst, dass die zaghaften Verbesserungen der letzten Wochen wieder zu Nichte gemacht werden. Naja, wer nicht wagt, der nicht gewinnt. Schlecht ist mir trotzdem.

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