Egal ob Selbsthilfe-Versuche, Therapie oder Online-Depressions-App: Früher oder später rückt ein kleines, scheinbar nicht besonders bedeutendes Gefühl in den Mittelpunkt – und zwar die Dankbarkeit. Klar, Danke und Bitte versuchen wir schon unserer Tochter beizubringen, und als guterzogener Mensch benutze ich die Worte ganz automatisch – aber das Gefühl wirklich bewusst wahrnehmen? Das mach ich ehrlicherweise im normalen Alltag nicht. 

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Ich wollte immer schon eine eigene Familie, am liebsten eine grosse. Das war für mich die ersten 30 Jahre meines Lebens eigentlich immer klar. Doch wie das oft so mit Wünschen und Träumen ist, ist das Leben dann irgendwie ganz anders verlaufen. Erst gab es nicht den Mann zum Traum, dann war der Job nicht ganz so richtig für eine Familiengründung – und als beides eigentlich passte, fingen die Probleme zwischen mir und meinem Freund an. 

Denn er war von meinem Familienmodell keineswegs so überzeugt wie ich. Mehrere Jahre Diskussionen und Streits, eine Paartherapie und auf beiden Seiten Einzeltherapien, eine Depression auf meiner Seite (sicher mitbegünstigt durch das Gefühl, sich zwischen der Liebe und meinem Kinderwunsch entscheiden zu müssen) und ein paar fantastische Fernreisen später haben wir uns schließlich gemeinsam dazu entschieden, ein Kind zu bekommen. Das Ergebnis ist jetzt Zweieinhalb und der bezaubernste Diktator, den man sich vorstellen kann. Mein Freund ist genau der fantastische Vater, den ich immer in ihm gesehen habe und wir könnten eigentlich alle gemeinsam in den Sonnenuntergang reiten (bzw. in unserem eigenen Garten schaukeln). Eigentlich. Den uneigentlich ist bei mir ziemlich bald nach der Geburt unserer Tochter den Wunsch nach einem zweiten Kind aufgetaucht. 

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Grundsätzlich fühle ich mich in der Tagesklinik sehr wohl. Aber zweimal die Woche gibt es einen Termin, der mir – und den Mitpatientinnen – regelmässig den Puls hochtreibt: Die Visite. Immer dienstags und freitags müssen wir nacheinander vor versammelter Mannschaft antreten. Die Zusammensetzung ist immer etwas anders, aber in der Regel ist aus jedem der verschiedenen Personen-Gruppe, die sich in uns kümmern, zumindest einer anwesend. Das heisst, eine Pflegerin, ein oder mehrere Ärzte, ein oder zwei Psychologinnen, eine Sozialarbeiterin und ein oder mehrere Therapeuten aus den praktischen Bereichen (Musik, Drama, Körper). Sie alle sitzen im Kreis, ihnen gegenüber ein einsamer Stuhl für den Patienten.

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Das letzte Mal, dass ich Hausaufgaben aufhatte, ist mehr als die Hälfte meines Lebens her – genauer gesagt 21 Jahre. Aber hier in der Tagesklinik kriegen wir immer wieder kleinere oder größere Aufgaben gestellt, deren Erfüllung auch tatsächlich (nicht immer, aber in den meisten Fällen) abgefragt werden. Für meinen Freund wäre das sicher eine von vielen Regeln/Vorgaben, die er blöd fände, weil er sich wie ein Kind behandelt fühlen würde (er meint ohnehin, er hielte den Klinikalltag höchstens ein paar Tage durch). Aber er braucht ja auch keine Hilfe im Umgang mit einer Krankheit, die ihm alleine über den Kopf gewachsen ist.

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Jetzt bin ich schon zwei Wochen hier. Mittlerweile haben wir alle Therapeuten kennengelernt (bis auf die Kunsttherapeutin, die irgendwie länger im Urlaub ist).  Die Aufregung und auch Angst des Anfangs haben sich gelegt, aber auch die Euphorie, die neue Dinge oft für mich mitbringen. Mein Blick auf die ganze Angelegenheit ist also ruhiger und routinierter, zugleich werde ich etwas ungeduldig, weil mir bestimmte Themen einfach noch fehlen.

Der wichtigste Stützpfeiler der Therapie hier sind die Gruppen und die Zeit dazwischen, die wir zusammen verbringen. Je nach „Unterrichtseinheit“ finde ich die Themen sehr interessant und man lernt ne Menge über die Krankheit. Und man kann auch seine eigenen Themen in der Gruppe einbringen, aber irgendwie bleibt das immer in der oberen Schicht und geht – zumindest in meinem Gefühl – nicht weiter.

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Ich bin eigentlich kein besonders esoterischer Mensch. Ich war zwar mal länger in Nepal, hab mir von da auch eine eigene Klangschale mitgebracht – aber ich glaube weder an Räucherstäbchen noch an Homöopathie. Dementsprechend entgeistert guckte auch mein Freund, als mir der Versand-Riese unseres Vertrauens ein Mandala-Malbuch nebst einem 60er Pack Stifte brachte.

Ein Malbuch für Erwachsene?!? Und dann auch noch Mandalas?

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Zack, ist die erste Woche vorbei und man weiß gar nicht so genau, wie das so schnell passieren konnte…

Eigentlich wollte ich ein kleines launiges Resümee der ersten 7 Tage ziehen, aber irgendwie bin ich heute von allem genervt, ohne genau benennen zu können, was es eigentlich ist. Deshalb folgt jetzt einfach eine kurze Aufzählung der Dinge, die ich in den letzten Tagen gelernt hab…ohne Anspruch auf Vollständigkeit natürlich…

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Wenn die Depression mich in ihren Klauen hat, fällt mir Entspannen unheimlich schwer. Dann rappelt meine Birne, mein Herz droht zu zerspringen und mir fällt Stille schwer – noch schwerer als sonst. Aber wie kommt man zur Ruhe, die man so dringend braucht, und „zwingt“ den Körper, der unter Strom steht, locker zu lassen?

Als gute Möglichkeit hat sich für mich die Progressive Muskelentspannung nach Jacobson erwiesen. Tatsächlich wird diese Entspannungsmethode auch im therapeutischen Rahmen genutzt, die Wirksamkeit bei psychischen Erkrankungen wie Angststörungen ist sogar wissenschaftlich belegt (weiß zumindest Wikipedia).

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Monatelang hab ich gekämpft – damit auf der Arbeit bloß nur niemand merkt, wie es mir geht. Ich war keinen Tag krankgeschrieben, weil ich mir sicher war, es dann nicht mehr zu schaffen, wenn ich einmal loslasse. Ich habe am Telefon gescherzt, alle Aufgaben erfüllt, geben die Müdigkeit und die Übelkeit angekämpft und hatte trotzdem jeden Freitag Angst, dass ich es in der darauffolgenden Woche nicht mehr schaffe, dienstags wieder hinter dem Rechner zu sitzen, weil die Kraft nicht mehr reicht.

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Um es direkt Vorneweg zu sagen: DIE Depression gibt es nicht. Diese Krankheit ist so wandelbar wie ein Chamäleon und so changierend wie Öl auf einer Pfütze. Nur eben in schwarz, schwarz, grau und schwarz. Alles, was ich sagen kann, ist wie sich meine Depression anfühlt – und das auch nur in dieser Episode. Beim letzten Mal war es irgendwie tiefer, aber dafür hab ich mich auch schneller wieder aufgerappelt…

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